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Studentin. 23 Jahr, sprödes Haar. Über alles und nichts im Leben.

Donnerstag, 27. November 2014

11. November 2009

Nur plötzliche Schwärze kann die kreisenden in Endlosschleifen verwirrenden Gedanken erlöschen. Bis der neue Tag beginnt, in dem ich mich wieder verliere. Ich brauche eine Sucht, um das hier auszuhalten. Eine Sucht muss ich mir zulegen. Welche Abhängigkeit kann die alten ablösen?



11:10 Uhr
Mein Therapeut hat gesagt, ich solle jetzt beginnen, Dinge aufzuschreiben. Da habe ich gesagt, dass ich das schon mache. Da war er stolz auf mich. Frau Haberlein, hat er gesagt, Sie sind auf einem guten Weg. Erst habe ich gar nicht verstanden, was er meinte. Ich fand es absurd, dass er das jetzt so überbewertet und habe mich fast ein zu großes unverdientes Stück idealisiert gefühlt. Verrückt, idealisiert vom eigenen Therapeuten. Ich meine, sonst ist das doch immer anders herum. Aber er hat recht. Was er meinte war glaube ich viel mehr, dass ich immer mehr Dinge für mich als gut befinde, die er mir gar nicht mehr zu raten braucht. Dass ich mir selbst eine gute Mutter bin, also so im übertragenen Sinne. Wie das eben so ist, wenn man lernt, auf eigenen Beinen zu stehen. Mich eben gut um mich sorge mittlerweile. Und seine fürsorglichen Ratschläge gar nicht mehr so viel brauche.


11:39 Uhr
Ich glaube, sein lobender Satz bezog sich gar nicht so sehr auf die Tatsache, dass ich Dinge aufschreibe. Ich habe das nur so sehen wollen, so, als meinte er nur diese eine kleine Sache. Wenn ich so nachdenke, dann meinte er wohl mich im Ganzen. Dass es ab und zu kleine Fortschritte und diese immer etwas mehr und mehr gibt und geben wird.


14:13 Uhr
Was meinte Lara damit, dass sie es gesehen habe und an mich denken musste. Das habe ich sie gar nicht gefragt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man bei einem Tuschkasten, alt und benutzt, mit Farbflecken und Farbbröseln, wie man da an mich denken soll. Das ist doch kitschig und absurd. Total stumpfsinnig. Lara, du spinnst ja.


19:01 Uhr
Der Tag heute war ein guter. Mir ist klar geworden, dass viele meiner Verhaltensweisen sich wie feste Formeln durch meinen Alltag ziehen. Dass es vielleicht darum geht, diese Formeln mal aufzulockern.


19:32Uhr
In der Schule habe ich so oft nicht aufgepasst. Weiß nichts über Gleichungen und Auflösen der Gleichungen nach einem Faktor, über Formeln und deren Zusammensetzung, über Kräfte und ihr Gleichgewicht. Ich wünschte, ich wüsste nur ein bisschen von dem, was die andern wissen.


22:45 Uhr
Bin schon so müde heute Abend. Der Tag war voller Ereignisse. Mit meinen Eltern habe ich telefoniert und sie zu mir eingeladen. Silja, schon fast ein Jahr bist du jetzt in der Großstadt. Meine Mama klingt wehmütig. Auch stolz irgendwie. Und wie immer zu besorgt. Schon ein Jahr liegt es zurück, meine Große. Ja, habe ich gesagt, oder nur genickt, sodass sie es gar nicht sehen konnte. Weiß es schon nicht mehr.
Jetzt wohne ich hier schon seit einem Jahr.


23:19 Uhr
Viel zu spät ist es schon. Habe Lara von meiner Idee erzählt. Wir haben geschrieben. Dass ich die eine Sucht mit der anderen überdecken und Schritt für Schritt ersetzen könnte. Lara hat erst gar nicht geantwortet und ich war ziemlich enttäuscht. Bin wütend geworden. Habe aber nichts mehr geschrieben. Soll sie mich doch ignorieren und einfach liegenlassen.

23:24 Uhr
silja, entschuldige, ich war abgelenkt. der edv-polizist.
willst du mir nicht so langsam mal seinen namen verraten?, fragte ich gekränkt.
nein, nein, den mag ich selbst noch nicht verwenden. so ist es erst mal besser.
Dann schrieb sie weiter: silja, ja, ich halte das für eine gute idee.
Was denn? was denn?!
na was du gesagt hast. das mit der sucht. schritt für schritt, überdecken, ersetzen, neu formen vielleicht. du könntest dich mal mehr dem leben widmen, meine ich. draufzugehen und dich trauen. unersättlich nach dem Leben werden sollst du, meine liebste silja. das stünde dir richtig gut.
Lebensdurst.
du troll du, schreibe ich.
ja wirklich, schreibt sie zurück. ich meine das auch so.
so, stünde mir das?, schreibe ich wieder.

ja, besser als dieses blaue viel zu große kleid, was du da letztens anhattest. lass uns mal wieder zusammen auf den flohmarkt gehen.



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